1. Zusammenarbeit auf Distanz: Die Herausforderungen

Es ist viel zum Thema Führung auf Distanz zu lesen, aber wie geht es eigentlich den Mitarbeiter*innen mit den veränderten Arbeits­bedingungen? Welchen Herausforderungen müssen sie sich stellen?

Seit Beginn der Corona-Pandemie arbeiten mehr Mitarbeiter*innen und Teams im Home-Office als je zuvor. Doch was genau bedeutet das für die einzelnen Mitarbeiter*innen und Teams? Es ist in letzter Zeit viel zum Thema Führung auf Distanz oder Führung von virtuellen Teams zu lesen. Diese Artikel nehmen die Perspektive der Führungskraft ein, um Tipps und Tricks zur Führung auf Distanz aufzuzeigen. Aber das ist nur eine Seite der Medaille; die andere Seite sind die beteiligten Mitarbeiter*innen bzw. Teammitglieder. Auf sie kommt mindestens genauso viel Veränderung zu wie auf die Führungskräfte.

Die wichtigsten Veränderungen sind dabei die Zunahme der Bedeutung der Selbstorganisation im Home-Office, das gefühlte „allein arbeiten“ sowie der überwiegend digitale Austausch mit den Kolleg*innen. Daraus resultieren veränderte Aufgaben und Rollen, insbesondere durch die Arbeit in Hybrid-Teams (= Teams, die teilweise im Home-Office und teilweise im Unternehmen zusammenarbeiten).



1. Herausforderung: Selbstorganisation

Die Selbstorganisation ist für viele eine sehr große Herausforderung im Home-Office. Häufig geht es nicht nur darum, den eigenen Arbeitsalltag zu gestalten und zu strukturieren, sondern verschiedene Dinge unter einen Hut zu bringen, wie zum Beispiel das Homeschooling der Kinder mit dem eigenen beruflichen und privaten Alltag zu kombinieren.
Lässt man das Thema Homeschooling beiseite, sind die Ablenkungen zu Hause andere als im Unternehmen. Dort entstehen Ablenkungen oder Unterbrechungen durch ein Gespräch mit Kollegen oder der Führungskraft, beim Kaffeeholen oder durch arbeitsbedingte Störungen: „Könnten Sie mal kurz …?“
Diese Ablenkungen haben Vor- und Nachteile:  Sie unterstützen uns einerseits im sozialen Miteinander im Team und können auf kurzem Wege kleine fachliche Fragen klären. Nachteilig ist dabei, dass sie uns aus dem konzentrierten Arbeiten herausreißen.

Hinzu kommt noch ein weiterer Unterschied: Er betrifft unsere Haltung. In das Unternehmen fährt/geht man mit dem Bewusstsein, zum Arbeiten zu gehen. Das bedeutet, dass wir quasi einen Schalter in uns umlegen, wenn wir uns auf den Weg in das Unternehmen machen. Zu Hause halten wir uns in unserem Privatbereich auf und arbeiten gleichzeitig im Home-Office – hier entfällt also dieser gedankliche Automatismus, das Umlegen des Schalters.

 



2. Herausforderung: Allein arbeiten

Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Gefühl, zu Hause „alleine zu arbeiten“. Viele Menschen genießen es – ein gutes Arbeitsklima vorausgesetzt – zusammen mit anderen sowie in Teams zu arbeiten und sich austauschen zu können. So entsteht auch eine Zugehörigkeit zu einem Unternehmen, einer Gruppe oder einem Team. Dieses Zugehörigkeitsgefühl ist für uns Menschen elementar wichtig. Wenn wir zu Hause arbeiten, dann fehlt uns schon alleine deshalb dieser – soziale – Kontakt. Hinzu kommt noch das Gefühl, eine Arbeit tatsächlich alleine bewältigen zu müssen. Während man im Büro mal kurz über den Schreibtisch fragen kann oder schnell ins Nachbarzimmer hinübergeht, um etwas zu klären, entfällt diese Möglichkeit bei der Tätigkeit im Home-Office.
Eine Studie von Avantgard Experts, Recruiting-Spezialist, anlässlich einer Befragung von rund 1.000 Arbeitnehmer*innen hat unter anderem ergeben, dass 41 % der Befragten über Einsamkeit im Home-Office klagen und über 50 % ihre Kolleg*innen vermissen.

Auch zeigt die Erfahrung, dass zum Telefon zu greifen oder digital aktiv zu werden von Menschen anders wahrgenommen wird. Kleine Unsicherheiten, die manchmal in der Bearbeitung von Aufgaben entstehen und die nebenher z.B. in der Teeküche besprochen worden sind, müssen nun aktiv angesprochen werden. Vielleicht wird auch an der einen oder anderen Stelle deutlich, dass eine Zuständigkeit oder ein Verantwortungsbereich nicht eindeutig geklärt ist. Im Unternehmen konnte derartiges manchmal schnell „auf dem kleinen Dienstweg“ besprochen werden. Die Hürde jemanden zu fragen, wird nun ungleich größer.

 



3. Herausforderung: Fehlender Kontakt mit Kolleg*innen

Neben dem Gefühl, dass der persönliche Austausch mit den Kolleg*innen fehlt, hat sich tatsächlich die Zusammenarbeit mit den Kolleg*innen im Home-Office in die virtuelle Welt verlagert. Vielleicht hat das Unternehmen neue Tools zur Zusammenarbeit angeschafft, die dem einen oder anderen noch nicht so vertraut sind. Vielleicht ist digitales Arbeiten als solches bereits eine Herausforderung, die man bisher vermeiden konnte, an deren Bewältigung man jetzt aber nicht mehr vorbeikommt.

Auch setzt in einigen Konstellationen den einzelnen oder den Teams gar die fehlende Digitalisierung zu: Solange zum Beispiel Akten nur in Papierform vorliegen, ist es eine enorme Herausforderung, seine Arbeit in angemessener Zeit zu erledigen. Viele von Ihnen kennen sicher das Gefühl, tonnenweise Papier zwischen Home-Office und Arbeitsplatz hin und her zu tragen. Manch einer wünscht sich dann eine schnelle Digitalisierung herbei.

Doch welche Möglichkeiten gibt es nun für den Einzelnen und für das Team, mit diesen Herausforderungen umzugehen?