1. Führung auf Distanz: Die Herausforderung

Das kennen Sie bestimmt:
Sie kommen morgens ins Unternehmen und begrüßen auf dem Weg zu Ihrem Arbeitsplatz Ihre Kolleg*innen und Mitarbeitenden. So wie jeden Morgen trinken Sie noch schnell einen Kaffee mit Frau Petersen in der Teeküche – ein seit Jahren eingespieltes Ritual. Als Sie gerade in Ihr Büro gehen wollen, kommt Herr Anton auf Sie zu: „Guten Morgen, haben Sie mal 2 Minuten?“…  Auf dem Weg in Ihr Büro fällt Ihnen auf, dass Frau Schmidt traurig ist. Sie nehmen sich vor, sie später mal darauf anzusprechen. Nun kommen Sie endlich an Ihrem Arbeitsplatz an, haben sich gerade hingesetzt und den Rechner hochgefahren. Schon geht die Tür auf und Jan Hansen ruft, er habe da eine dringende Frage, und beginnt sofort mit einem Fachthema. Eigentlich haben Sie keine Zeit, aber wenn er schon mal da ist ... Nach dem kurzen Gesprächsintermezzo wollen Sie sich nun an die abschließende Vorbereitung eines Meetings machen. Ein bis zwei Folien der Präsentation müssen noch überarbeitet werden. Da klingelt das Telefon. Ihre eigene Chefin ist dran …



So oder ähnlich sieht Ihr morgendlicher Arbeitsbeginn aus, oder?
Wie würde er aber aussehen, wenn Sie oder mehrere Mitarbeitende im Home-Office wären? Präsentation überarbeiten, eingehendes Telefonat – das bliebe sicherlich gleich. Aber: Alle kleinen Begebenheiten und Begegnungen auf dem Weg in Ihr Büro würden entfallen und das bedeutet, Sie würden im zwischenmenschlichen Bereich deutlich weniger mitbekommen.

Das ist der erste wesentliche Unterschied zur Präsenzführung.
Das ist aber noch nicht alles.

Auf Sie als Führungskraft kommen noch mehr Veränderungen zu.
Denn zu den vielen Vorteilen, die Home-Office bietet, kommen auch einige Risiken. So werden die Mitarbeitenden für Sie „unsichtbar“ und sind eben nicht greifbar wie im Unternehmen. Es können Kommunikationsdefizite zwischen Home-Office und der Zentrale, aber auch unter den Kolleg*innen entstehen. Das Verschieben von Aufgaben erscheint zu Hause einfacher, gerade in Corona-Zeiten zwischen Isolation, Konzentrations- und Selbstmotivationsproblemen, Home-Schooling und Privatleben. Es droht eine geringere Produktivität und sogar Vertrauensmissbrauch. Dadurch kann sich langfristig das Arbeitsklima verschlechtern und sogar zum Verlust der Kontrolle über vertrauliche Daten kommen.
 


Die gute Nachricht: Studien über Home-Office liefern positive Ergebnisse.
So sind Mitarbeitende im Home-Office produktiver, besser erreichbar und seltener krank. (Studie des ZEW – Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim, „Homeoffice bietet Vorteile, hat aber auch Tücken“, 2019, sowie Studie der Universität Stanford von Nicholas A. Bloom et al, „Does Working from Home work? Evidence from a Chinese Experiment“, 2015)

Zudem ist Produktivität eine Frage der Persönlichkeit. Gefaulenzt wird auch im Büro. 
(Studie von Thomas O’Neill, „Prediction of Cyberslacking when Employees are working away from the Office“, 2014)

Die Ausgangslage ist also deutlich besser, als oftmals angenommen. Im nächsten Teil erfahren Sie, wie Sie die Anforderungen an eine gelingende Führung auf Distanz in drei Bereiche aufteilen und lösen.